Seminarerfolg durch Wissenschaft
Für den Fall, dass Sie mich noch nicht kennen – ich bin Tom Freudenthal, Gründer von Centered Learning. Über die letzten 15 Jahre haben wir Hunderte von Seminaren gegeben, die seit 10 Jahren kontinuierlich und zuverlässig Teilnehmerbewertungen um die Note 1,4 erreichen. Daraus hat sich das Centered Learning Trainer-System entwickelt, das die strategischen Prozesse, Abläufe und Methoden beschreibt, die hinter diesen Ergebnissen stecken.
Ziel dieses Artikels ist, Ihnen eine der wichtigsten Erkenntnisse aus der Gehirnforschung zu zeigen, die Ihren Seminarerfolg beeinflussen. Und wie sie Sie einsetzen könnten, um Ihre Seminare noch weiter zu optimieren.
Um genau zu sein – ich möchte Ihnen zeigen, wie Sie die Erfahrungen der Neurowissenschaft so nutzen können, dass Ihr Seminarerfolg nicht mehr vom Thema, der Teilnehmerzusammensetzung oder Ihrer Tagesform abhängt, sondern von Abläufen und Strukturen, die Sie jedes Mal wieder identisch umsetzen können (mit immer dem gleichen Ergebnis).
Nr. 3 Wissen kann nicht übertragen werden
Wenn Sie mich vielleicht schon mal irgendwo in einem Video gesehen haben, dann ist es Ihnen möglicherweise aufgefallen – meine Augen sind schief und schauen nicht parallel. Ich versuche das immer so gut es geht zu kaschieren, weil’s mir irgendwie peinlich ist – aber – die Sache hatte auch Ihr Gutes 🙂
Die Folge dieser Schiefstellung ist nämlich, dass ich nicht plastisch sehen kann, was daran liegt, dass meine Augen dem Gehirn zwei unterschiedliche Bilder liefern – auch noch mit verschobenem Horizont.
Meinem Gehirn ist es also noch nie gelungen, wie bei normalen Menschen, die beiden Bilder des rechten und linken Auges zur Deckung zu bringen.
Und jetzt saß ich eines Tages mit ungefähr 14 in der Schule und hatte Langeweile. Plötzlich kam mir die Idee, mit meinen Augen zu spielen und mal auszuprobieren, wie die Tafel da vorne mit dem rechten aussah und dann mal - wie eigentlich mit dem linken.
So harmlos das klingt, aber dieses Experiment hat mich damals tief erschüttert, denn mit dem einen Auge war die Tafel hellgrün und mit dem anderen dunkelgrün.
Wie bitte?
Wie jeder normale Mensch bin ich natürlich davon ausgegangen, dass das was ich sehe, ist wie es ist. Also die Realität. Davon geht ja erstmal jeder unbewusst aus.
Das konnte nun aber plötzlich nicht mehr sein, denn ich konnte jetzt mit „eigenen Augen“ ZWEI Realitäten sehen. Eine hell- und eine dunkelgrüne Tafel.
Welche dieser beiden Versionen war denn nun die „richtige“ Realität?
Eine Antwort auf diese Frage hatte ich jahrelang nicht.Jahrzehnte später hielt Prof.Dr.Dr. Gerhart Roth im niedersächsischen Landtag eine Rede, deren Skript lange Zeit im Internet frei verfügbar war und die den Titel hatte: Warum sind Lehren und Lernen so schwierig?
Und plötzlich machte das Experiment aus meiner Schulzeit Sinn:
Wir sehen nicht die Realität, sondern unser Gehirn KONSTRUIERT ein Bild
– und zwar aus dem Strom der Informationsbits durch unsere Augen.
Wenn man das ernst nimmt, dann stellt das sämtliche Grundannahmen beim Lehren in Frage.
Zum Beispiel die Idee, dass Ihre Teilnehmer Ihre Inhalte so verstehen, wie Sie sie gemeint haben 🙂
Aber der Reihe nach.
Hätten Sie Lust auf ein kleines Experiment?
Kneifen Sie sich mal kurz in den Arm. Jetzt 🙂
Was passiert? Die meisten antworten auf diese Frage – es tut weh, das Kneifen produziert einen Schmerz.
Leider nein – stimmt nicht. Das Kneifen stimuliert Nervenzellen, die elektromagnetische Impulse über Nervenbahnen an ein bestimmtes Areal in Ihrem Gehirn schicken.
Dort kommt nichts weiter an, als ein Strom aus + und – Impulsen.
Und Ihr Gehirn konstruiert daraus ein Gefühl – nämlich Schmerz.
Anderes Beispiel. Sie hören jemanden etwas sagen – was passiert?
Schallwellen treffen auf Ihr Trommelfell. Ihr Ohr übersetzt diese Schallwellen in elektromagnetische Impulse und schickt sie weiter.Und Ihr Gehirn muss aus diesem Strom aus diesen + und – ZeichenEINE BEDEUTUNG BASTELN! Die ist nämlich in diesem Strom NICHT enthalten.
Was unsere Sinnesorgane wahrnehmen, sind lediglich physikalische Ereignisse, wie Schalldruckwellen oder Lichtwellen, die in sich überhaupt keine Bedeutung haben.
Die Bedeutung muss Ihr Gehirn selbst herstellen.
Das kann man übrigens im Alltag sehr schön an Diskussionen mit Partnern oder Freunden erkennen – haben Sie schon mal den Satz gehört „So habe ich das aber überhaupt nicht gemeint!“?
Gutes Beispiel – Ihr Gehirn hat den Schallwellen, die es wahrgenommen hat, eine andere Bedeutung zugewiesen, als der „Sender“ im Sinn hatte.
Daraus folgt etwas enorm Wichtiges:
Das Wissen, dass Ihre Teilnehmer in Ihrem Seminar mitnehmen sollen, wird nicht dadurch vermittelt, dass Sie darüber sprechen.
Sondern es entsteht dadurch, dass Ihre Teilnehmer es in Ihren Köpfen konstruieren/herstellen.
In unseren SpeedLearning Workshops gebe ich den Teilnehmern einen Text. Jeder bekommt den gleichen.
Und die Aufgabe ist dann, daraus visuelle Notizen zu machen.Wenn ich dann frage, wessen Nachbar exakt die gleichen Notizen aufgeschrieben hat, ist noch nie eine Hand hochgegangen.
Was bedeutet das jetzt für Ihre Arbeit als SeminarleiterIn?
Als erstes müssen wir uns von der Idee verabschieden, dass in Seminaren Wissen vermittelt wird 🙂
Dann geht es darum, die
VORAUSSETZUNGEN FÜR DIE TEILNEHMER ZU OPTIMIEREN,
DAS WISSEN SELBST HERZUSTELLEN.
Und das bedeutet im Wesentlichen zweierlei:
Und dann gehen Sie einfach davon aus, das nichts in den Köpfen der Teilnehmer hängenbleibt, was sie sich nicht selbst erarbeitet haben.
Lernen bei den Teilnehmern kann also nur aktiv stattfinden und passiert nicht durch passiven Konsum – also dem Vortragenden zuhören zum Beispiel.
Als letztes noch – wenn Sie immer davon ausgehen, dass Lernen ein PROZESS ist, also kein einmaliges Ereignis, dann erleben Ihre Teilnehmer schon auf Ihrem Seminar die ersten, echten Lernerfolge!
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